Sitzbänke-Benutzer*innen in den Straßen des Dortmunder Kreuzviertels

In dieser Galerie soll ein wenig die Vielfalt an Besucher*innen der Sitz­bänke des Pilot­pro­jekts "Jeder Straße ihre Sitzbank" gezeigt werden.

Der Wunsch, alle Teile der Gesell­schaft, die Diver­sität in unserer Stadt, jung und alt, gesund und gebrechlich, Men­schen aller Geschlechter, sozialer Schichten, Haut­farben (Ethnien) oder mit klar erkenn­baren Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keiten abzu­bilden, wurde mir kei­neswegs immer erfüllt.

Ein großes Danke an alle, die mir (- oder anderen, die mir Fotos zukommen ließen -) ihre Erlaubnis zum Foto­gra­fieren gegeben haben!

GALERIE

Das Kreuz­viertel ist bunt!

Auch das muss sein dürfen!

Auf der Sitzbank Nr. 3 schläft ein Mann. Ich bekomme mit, dass sich Vor­über­ge­hende halblaut darüber auf­regen. Das komme davon, dass hier nun Bänke stünden. Jetzt lägen auch hier die Obdach­losen herum!

Men­schen, die so kom­men­tieren, wün­schen sich ver­mutlich, dass sich Woh­nungslose und anderes "Gesindel" am besten nur in der Dort­munder Nord­stadt auf­halten. Dann braucht man sich als "ordent­licher" Bürger, wohnhaft im Süden der Stadt, über die soziale Ungleichheit in Deutschland keine Gedanken mehr machen – aus dem Auge, aus dem Sinn!

Auf einer Stra­ßenbank schlafen, gar über­nachten? Ja, meinem Dafür­halten nach darf das aus­drücklich sein! Respekt vor allen Bewohnern einer Stadt hat seinen Aus­druck: So sie von den Ein­wohnern "geduldet" werden, sym­bo­li­sieren Sitz­bänke in Wohn­straßen ein Will­kommen an alle Besucher eines Viertels!

Das Kuriose an der geschil­derten Situation: Während ich nach den uner­freu­lichen Kom­men­taren der anderen Fuß­gänger noch über­legte, ob ich den Lie­genden unge­setz­licher Weise (!) heimlich foto­gra­fieren sollte, um endlich auch diese Benutzung einer Sitzbank in der Galerie doku­men­tieren zu können, setzte sich der zuvor Schla­fende auf. 

Im nun fol­genden Gespräch stellte sich heraus, dass Georg gar kein Obdach­loser ist, hier in der Gegend wohnt, sich aber irr­tümlich selbst aus­ge­sperrt hatte. Und, da der Schlüs­sel­dienst an diesem Sonntag erst nach langer War­tezeit gegen Abend käme, er eben einige Zeit mit einem Nickerchen auf der Bank über­brückt habe. 

Ich erhielt von Georg die Erlaubnis, ihn so zu foto­gra­fieren, wie er zuvor auf der Sitzbank gelegen hatte (- siehe das Gale­riefoto "Auch dass muss sein dürfen!!!" -).

Da Georg sauber, aber durchaus nicht wie ein "Krösus" gekleidet war, bot ich ihm vor­sichtig Geld an, als Dank, dass er sich hatte foto­gra­fieren lassen. Dies lehnte er ab! Ich solle mir keine Sorgen um ihn machen, er habe Arbeit! Der Ver­dienst sei nicht umwerfend, aber er mache auch Über­stunden und so ginge sich bei ihm alles gut aus! 

Die geschil­derte Bege­benheit doku­men­tiert für mich trefflich, dass es nicht nur unglaublich traurig ist, wie manche Men­schen offenbar völlig ver­lernt haben, sozial zu denken, sondern dass men­schen­un­wür­digen "Pau­schal­ver­ur­tei­lungen" eben auch Fehl­ein­schät­zungen zu Grunde liegen können!

Bildbeschreibungen zu Fotos, die ich nicht machen durfte

Auf Sitzbank Nr. 2 fand sich ein fröh­liches Bierchen-​Trio zusammen: Eine Frau, zwei Männer. Men­schen, die ver­mutlich nicht den gerad­li­nigsten Lebensweg hinter sich haben. Wagt es tat­sächlich jemand, ihnen ihr kleines Glück auf der Stra­ßenbank zu neiden, nicht zu gönnen ???

Sie lassen sich nicht von mir foto­gra­fieren, erzählen aber stolz, dass sie alle Standorte der neuen Bänken kennen und von ihrer (- leider durchaus nach­voll­zieh­baren und insofern sehr klugen -) Stra­tegie, immer wieder andere Sitz­bänke auf­zu­suchen – und ich glaube ihnen aufs Wort, als sie treu­herzig ver­si­chern, dass sie alle Sitz­bank­standorte auch immer ganz sauber verlassen!

Auf Sitzbank Nr. 3 ent­deckte ich eines Vor­mittags zwei "Pracht­ex­em­plare" von Männern mitt­leren Alters, stilvoll rocker­mäßig gekleidet, in kurzen Hosen und an Armen und Beinen mit präch­tigsten bunten Tattoos verziert!

Im ach so reichen Deutschland gibt es viele Men­schen, die weite Strecken zu Fuß gehen müssen, um leistbar ein­kaufen zu können. Die Dame, die auf der Sitzbank Nr. 5, "dem Kammel & Kühler seine Bank", ver­weilte und die ich leider nicht foto­gra­fieren durfte, war durchaus erst mitt­leren Alters und doch erzählte sie, dass sie sehr froh darüber sei, mit ihren schweren Taschen auf dem langen Rückweg vom Netto (Hohe Straße) zu sich nach Hause (- am west­lichen Ende des Viertels -) neu­er­dings zwi­schen­durch Pause machen zu können!

Was ich nur erzählen und (auch) nicht beweisen kann

Ende Sep­tember musste ich eine Lieb­lings­freundin, die bei uns zu Besuch gewesen war, eine Seh­be­ein­träch­tigung hat und daher Abends ungern mit den öffent­lichen Ver­kehrs­mitteln und dann noch weiter zu Fuß Dortmund durch­quert, per PKW nach Hause bringen. 

So ergab es sich, dass ich, im Auto durch die Son­nen­straße fahrend, an der Sitzbank Nr. 5 vor­beikam und dort eine Gruppe von ungefähr 10 Jugend­lichen gemütlich bei­sammen sah!

Gerne hätte ich die Situation foto­gra­fiert (- was aber natürlich in keiner Weise möglich war, wollte ich nach­kom­mende Fahr­zeuge nicht am Fort­kommen behindern -), da neben der Zweck­mä­ßigkeit unserer neuen Sitz­bänke für alte Men­schen, durch Zwi­schen­stopps das Zurück­legen ihrer not­wen­digen Wege länger zu ermög­lichen und so deren Selb­stän­digkeit zu erhalten, mich eben auch ganz besonders die Nutzung der Bänke durch die Jugend­lichen freut!!!

Nachdem ich meine Freundin nach Hause gebracht und ins Viertel zurück­ge­kehrt war, ging es ans Park­platz­suchen, wodurch ich nach ins­gesamt einer knappen Stunde erneut an Bank Nr. 5 vor­beifuhr und die jungen Leute nach wie vor fröhlich um die Sitz­ge­le­genheit herum ver­sammelt sah!

Nun hatte es gerade an diesem Standort auch schon mal die Beschwerde gegeben, dass dort so viel Müll liegen bliebe! 

(Eine Beschwerde, die bei der Bezirks­ver­tretung ein­ge­gangen war und die ich zwar befremdlich fand, da ich selbst Buddy dieser Sitzbank bin und mich ganz regel­mäßig um diesen Standort kümmere, die aber trotzdem Rea­lität ist!)

So begab ich mich daher tags darauf am Vor­mittag sicher­heits­halber unver­züglich mit meinem gesamten Reinigungs-​Equipment zur Sitzbank Nr. 5, um not­falls gleich tätig werden und dadurch einer wei­teren Klage gege­be­nen­falls viel­leicht zuvor kommen zu können!

Wie erfreut war ich, als ich die Sitz­ge­le­genheit und den Bereich um die Bank herum pico­bello sauber und auf­ge­räumt vorfand!

So sich bei Sitzbank Nr. 5 nicht auch noch ein geheimer Buddy regel­mäßig um Sau­berkeit kümmert und bereits Ordnung gemacht hatte, ist dies ein Beweis für mich, dass die Behauptung, gerade die Jugend­lichen würden immer Ver­schmut­zungen ver­ur­sachen, ein halt­loses Vor­urteil ist!

Diese Erfahrung ist sooo wichtig für mich, weshalb ich sie mit Dir, lieber Leser, liebe Leser*in, teile! 

Sie gibt mir großen Rückhalt, denn nun kann ich, vor­be­haltlich des "großen Unbe­kannten", der mög­li­cher­weise mit mir diese Sitzbank als Buddy betreut, zukünf­tigen Pau­schal­ver­ur­tei­lungen, dass alle Jugend­lichen ihren Müll immer überall gedan­kenlos liegen oder fallen lassen würden, ver­mu­teter Weise aus eigener Erfahrung widersprechen!